Tafelrunde: Schriftsteller kochen für ihre Freunde
- Luchterhand
- Erschienen: Januar 2012
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- ISBN: 978-3-630-87390-9
- 384 Seiten.
Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust ...
"Es war einmal ..." So beginnen eigentlich nur Märchen, aber so oder so ähnlich könnte auch die Entstehungsgeschichte zu Tafelrunde beginnen. Begab es sich doch, dass das literarisch-journalistische Ehepaar Angelika Overath und Manfred Koch Besuch von einem befreundeten Autor hatte. Und wie es sich für wohlerzogene Gäste gehört, brachte dieser ein Geschenk mit: Ein kleines Büchlein mit handgeschriebenen, eigenen Rezepten, die außergewöhnlich und sehr persönlich waren. Warum also nicht andere Autoren fragen, ob sie nicht ebenfalls Lieblingsrezepte haben, die sie mit der Welt teilen möchten? Denn warum sollte ein kreativer Kopf nicht auch gebietsübergreifend kreativ sein können?
Gesagt, getan, die Herrschaften Overath und Koch - es gesellte sich noch die Schwester der Gattin hinzu - begannen zu sammeln und herausgekommen ist ein literarisches Kochbuch - oder eine Ansammlung von Anekdoten und Anekdötchen, Kurzgeschichten und Gedanken derer, die normalerweise ganze Romane zu Papier bringen, gespickt mit ein paar Rezepten, wie man sie in keinem Kochbuch sonst finden wird.
Oder haben Sie schon einmal davon gehört, dass ein Kochbuch Ihnen die Zubereitung eines Haifischfilets in der Mikrowelle vorschlägt? Undenkbar. Welch Fauxpas!
Doch das war die Aufgabenstellung, die die Herausgeber den Autoren stellten: Schicke uns ein Rezept, eine Leibspeise, ein Stück Heimatverbundenheit, eine Kindheitserinnerung und erzähle uns dazu eine Geschichte - ob nun autobiographisch, ob ein Essay, das sich rein aus der Zutatenliste ergibt, ob eine völlig fiktive Geschichte, ganz egal, nur, lieber Dichter, lasse die Welt an deiner Gaumenfreude teilhaben.
Und diesem Aufruf folgten ganze 37 Autoren binnen kürzester Zeit, beschrieben wie Olga Grjasnowa Gerichte, die sie aus ihrer Heimat kennen, erklärten wie Theresia Walser die Wichtigkeit gleichsam für Freunde und Feinde zu kochen, erzählen wie Michael Kumpfmüller vom "Gott des Knoblauchs" oder berichteten wie Lea Singer vom perfekten Geburtstagsmenü für ein 40jähriges Kind.
Der Kochbuchcharakter kommt bei all der situativen Komik allerdings nicht zu kurz, so dass aus Gründen der Nutzbarkeit die Herausgeber wert legten auf eine Zutatenliste, die jedem Beitrag vorangestellt wurde, und eine klare Gliederung in
- Kalte Küche
- Fleisch
- Vegetarisches
- Fisch und Frosch
- Süße Küche
- Menüs und Spiele
Abgerundet wird das Werk, das vollkommen ohne Bilder des Kochguts auskommt, von einem bedankenden Vorwort an die Mitwirkenden, einem Nachwort, das dem Leser aufzeigt, dass auch schon Goethe und Kant wussten, dass man Leib und Seele gleichermaßen füttern muss und einer Art kulinarisch-biographischem Steckbrief der Verfasser, die allesamt noch gebeten wurden fünf Dinge aufzuzählen, die "in der Küche fehlen, wenn sie fehlen".
Fazit:
Das perfekte Buch für/über einen perfekten Abend: Gutes (oder auch schlechtes) Essen, gute (oder auch langweilige) Gespräche und Freunde (oder Feinde). Und wenn alle endlich gegangen sind, und man es sich in seinem Lieblingssessel gemütlich macht, den Abwasch Abwasch sein lässt, und liest, dass es Schriftstellern genauso ergehen kann (oder doch ganz anders), dann weiß man, man hat das perfekte Gastgeschenk erhalten - selbst wenn der Abend eine Katastrophe war, dieses Buch tröstet, lässt lachen und träumen. Ach ja: Nachkochen kann man die Rezepte selbstverständlich auch - auch darauf wurde geachtet.
Overath und Koch, Luchterhand
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