Zu Tisch mit Mr. Darcy und Emma.
Der Brite Robert Tuesley Anderson hat schon mehrmals bewiesen, dass er gerne Literatur als Ausgangsthema für seine ganz wunderbaren Kochbücher nimmt. Neben Tolkien und den Gebrüder Grimm, war es 2022 auch Jane Austen, die mit ihren berühmten Romanen Patin stand. Die Autorin (1775-1817) genoss die Küche der Regency-Zeit und verewigte die „reichhaltigen und schweren Speisen“ auch in ihren Werken. Aber nicht nur diese standen dem Autor „auf der Suche nach Hinweisen“ zur Verfügung, zahlreiche Briefe und vor allem zwei Bücher mit Rezepten aus der Familie Austen und ihrem nahen Umfeld gaben ebenfalls Auskunft. Die Rezepte wurden allerdings „neu interpretiert, um sie unserem zeitgenössischen Geschmack nach leichteren, gesunden und praktischen Gerichten anzupassen“.
Dem Thema angemessenes Layout
Schon das sehr liebevoll gestaltete Cover mit Goldprägung und herrlichem Blütenkranz lässt erahnen, welches Layout man im Buch erwarten kann. Neben den immer wiederkehrenden bunten Blumenmotiven, sind es vor allem einfarbige schwarze Skizzen, die Jane Austens Welt und ihre Bücher symbolisieren. Romantische und häusliche Szenen versetzen uns in die Zeit des Regency. Zusätzlich eingestreute kleine Exkurse verraten mehr zu Koch- und Rezeptbüchern, das „Essen zur See“, dem geliebten Picknick und Vielem mehr. Die Gerichte selbst sind nicht alle, aber zum großen Teil mit einem Foto abgebildet, das selbst die simpelste Erbsensuppe geschmackvoll abbildet.
70 Rezepte vom Picknick bis zum Ball
Gegessen wurde in den Büchern von Jane Austen ausgiebig. Für den oft beschriebenen niederen Adel und die besser gestellte Gesellschaft waren gegenseitige Besuche, Empfänge und geselliges Beisammensein alltäglich. Und zu jeder dieser Gelegenheiten wurde aufgetischt. 70 teilweise angepasste Rezepte werden im Buch vorgestellt, die vom Frühstück über Picknick und kleine Mahlzeiten, Dinner, Süßem und Festliches für herausragende Anlässe alles bieten, was der hungrige Magen begehrt. Dabei sind so einfache Speisen, wie „Lady Catherine de Bourghs Kümmel-Rosinen-Brot“ oder „Weiße Suppe von Netherfield“, aber auch Aufwendigeres, wie „Chawton-Cottage-Pflaumenpudding“ oder „Mrs. Westons Hochzeitstorte“, die allerdings nicht mehr viel mit dem bestimmt wesentlich opulenteren Original zu tun haben dürfte. Aber gerade bei den Dinner-Gerichten zeigt sich, dass es manchmal etwas schwer werden könnte, an die benötigten Zutaten zu gelangen. Ganze Hummer, Kaninchen oder Fasanen-Hennen gehören nicht unbedingt zur aktuell alltäglichen Küche. Aber bis auf diese wenigen Ausnahmen, dürften alle Gerichte zu bewältigen sein – was die Zutaten betrifft, aber auch in Bezug auf die sehr gute Schritt-für-Schritt-Anleitung.
Britisch Angehauchtes
Dem Thema entsprechend sind die Gerichte natürlich sehr britisch, wie die „Lyme-Bay-Makrele“, bis britisch angehaucht, wie das „Kartoffel-Blumenkohl-Curry“. Damit dürften sie nicht nur Jane-Austen-Fans zusagen, sondern allen, die sich gerne kulinarisch auf die Britische Insel entführen lassen. Aber es ist durchaus möglich, dass selbst der größte Austen-Ignorant sich überlegt, doch den ein oder anderen Roman zu lesen, denn die herrlichen Einführungen zu jedem Rezept lassen immer tiefe Einblicke in die Werke Austens zu.
Wir haben uns für „Pain Perdu – Lady Susan“ entschieden, eine Art „armer Ritter“ aus Brioche-Scheiben mit Früchten, der auf die Geschichte „Lady Susan“ zurückgeht, die Austen 14-jährig verfasst hat. Aus dem Kapitel „Dinner“ haben wir uns das modifizierte „Hähnchencurry“ ausgesucht, das auf die Parodie „Lesley Castle“ anspielt, in der ein weitaus weniger würziges Curry aufgetischt wird. Und es gab „Mrs. Austens Spinat-Kartoffel-Gratin“, das aus dem Kochbuch der Familie Austen stammt und vegetarisch ist, wie übrigens viele der Rezepte. Zum Nachtisch gab es „General Tilneys heiße Schokolade“, die man dem griesgrämigen Übeltäter gar nicht zugetraut hätte und die mit einem gehörigen Schuss irischem Sahnelikör köstlich geschmeckt hat, wie überhaupt alles. Nur manchmal mussten wir mit etwas mehr Salz und Pfeffer nachbessern, aber Geschmack ist individuell und der britische erst recht.
Fazit
Ein herrliches Buch, nicht nur für Jane-Austen-Fans! Britische Rezepte in einem wunderbaren Layout laden dazu ein, (teilweise angepasste) Gerichte aus den Werken der berühmten Autorin nachzukochen. Und wer noch nichts mit Mr. Darcy, Emma und Mrs. Bennet oder „Northanger Abbey“ und „Stolz und Vorurteil“ anzufangen weiß, wird vielleicht animiert sich durch die Werke von Jane Austen zu schmökern.
Robert Tuesley Anderson, Hölker
Deine Meinung zu »Jane Austen«
Wir freuen uns auf Deine Meinungen. Ein fairer und respektvoller Umgang sollte selbstverständlich sein. Bitte Spoiler zum Inhalt vermeiden oder zumindest als solche deutlich in Deinem Kommentar kennzeichnen. Vielen Dank!