Greenbox
- Mosaik
- Erschienen: Januar 2012
- 1
- ISBN: 978-3-442-39243-8
- 272 Seiten.
Die Sau hat Schwein gehabt
Ein wenig erinnert das großformatige Druckwerk mit pinkfarbenem Rücken an ein Bilderbuch. Das ist es auch, in gewisser Weise. Was es so besonders macht? Zwischen den Bildern und Kritzeleien sind Kochrezepte vegetarischer Köstlichkeiten zu finden – und Rezepte, die überflüssiger kaum sein könnten. Tim Mälzer hat sein neues Kochbuch, mit dem vielversprechenden Titel Greenbox, vorgelegt.
Der Koch, Autor und kochende Lieblingsheroe diverser TV-Sendungen zum Thema, hat sich wieder einmal sehr viel Mühe gegeben. Wenngleich die Rezepturen auch nicht immer Sterne-tauglich sind, könnte er sich gedacht haben, sollte wenigstens die Aufmachung des Buches preisverdächtig sein. Und die ist es – in der Tat.
Bei der ersten Durchsicht des Buches der "Grünen Küche", überkommt dem Betrachter die Lust, sich sofort an den Herd zu stellen oder wenigstens schon einmal theoretisch einen Speiseplan für die Folgewochen zu gestalten. Das ist ganz einfach, teilen Mälzer und sein großes Team die Rezepte doch in unterschiedliche Register auf. Dabei ziehen sie sprichwörtlich alle Register, weil es an nichts fehlt: Von A bis Z wird Essbares durchalphabetisiert, Gemüsesorten finden Nennung, die saisonale Küche liegt dem Koch am Herzen, ebenso wie einfache Rezepte, schnell-auf-den-Tisch-Varianten und Kochen für Gäste. Gesondert, unter der Rubrik Infoseiten, geht Mälzer auf Hülsenfrüchte ein, Molkereiprodukte, Tofu und Tempeh, Kräuter, flüssiges Gemüse, Nüsse, Räuchern, Salzmischungen, Gewürzpasten und sogar Brösel und Reispapier finden Erwähnung.
Tim Mälzer, der bereits im Vorwort erwähnt, gerne Fleisch zu essen, "liebt Gemüse" und schätzt Herausforderungen. Ergo, lässt er wissen, "Die Zeit war reif für mein grünes Kochbuch." Dabei bleibt Mälzer stets Mälzer. Nur weil das Thema diesmal ein anderes ist, verzichtet der Hamburger nicht auf sein gewohntes Vokabular. "Wo der Wumms herkommt", erklärt Mälzer etwa und berichtet über natürliche Geschmacksverstärker. Anfänger, Angeber, Experten finden in dem Schmöker-, Koch- und Lesebuch sicher schnell etwas, was sich nachzukochen lohnt. Das nämlich geht nach Greenbox-Anweisung ganz einfach.
Der Aufbau der Rezepte ist klassisch: Links die Nennung der Zutaten, rechts in einzelnen Schritten erklärt, wie das Gericht zu dem wird, was es werden soll. Oft werden Schritte in Bildern erklärt, Mälzers Konterfei taucht dabei nicht selten auf, und was interessant ist, sind die vielen Tipps und Kritzeleien am Rande. Auffällig anders kommen die Fotos daher. Sie wirken wie gemalt, auf Hochglanz wird verzichtet, was dem Buch in all seiner vermeidlichen Schlichtheit etwas Besonderes verleiht.
Der Schwierigkeitsgrad der Rezepte variiert von Dose Mais – nebst Zwiebeln, Knoblauch und Gewürzen - in die Pfanne hauen, bis zum mühevollen Zubereiten von Artischocken samt unterschiedlicher Dips. Mälzer macht deutlich, was er schon in vielen Rezepten, die er eigens für Kinder kreiert hat, dass nicht unbedingt ein großer Aufwand für viel Geschmack sorgt. Ihm geht es um die Frische, um die Qualität der Produkte und sicher auch um den Spaß beim Zubereiten.
Ein Manko allerdings ist, das viele Köche meinen, Mälzer offensichtlich auch, Vegetarier bräuchten einen Fleischersatz oder etwas, was der Geschmacksnote Fleisch gleich kommt. Wie etwas bei Mälzers "Ragù Especial". Schreibt er doch: "...geschmacklich ist diese Sauce nicht von einer Bolognese-Sauce zu unterscheiden." Auch das Baked Beans-Rezept werden Vegetarier Tim Mälzer um die Ohren hauen. Nutzt er doch Worcestershiresauce, vielleicht nicht wissend, dass sie traditionell mit Sardellen zubereitet wird.
Fazit:
Es gibt Schlimmeres, sicher und das schöne ist, dass die rosa Sau sich auf einer Matratze räkelt, während auf der anderen Seite Tofu-Sprossen-Salat mit Backpflaumendip erklärt wird. Ein schönes Kochbuch, schön geschrieben – in zuweilen flapsiger Mälzer-Manier – was dem ganzen Koch-Tamtam die Strenge nimmt, schön bebildert und bekritzelt. Eine großartige Idee, die zudem Freiraum lässt, so manche Zutat einfach selbst durchzustreichen! Nach 271 bunten Seiten schließlich verabschiedet sich die Sau. "Danke!" grunzt Schwein Boris mit Hilfe einer Sprechblase. Dem Schwein immerhin ging es nicht an die Schwarte.
Tim Mälzer, Mosaik
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