Flavour: Mehr Gemüse, mehr Geschmack
- Dorling Kindersley
- Erschienen: September 2020
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Ein Loblied auf‘s Gemüse
Yotam Ottolenghi ist für seine innovative und dennoch bodenständige Küche bekannt; seine Kochbücher sind Bestseller. Nun widmet er sich bereits zum dritten Mal dem Gemüse. In „Flavour“ zeigt er, dass es bei dem Geschmack des Gerichtes nicht nur auf das verwendete Produkt an sich ankommt, sondern Zubereitung und eingesetzte Partner ebenso wichtig und ausschlaggebend sind.
Zutaten, die es in sich haben können
Zu Beginn des Buches gibt Ottolenghi eine Liste von 20 Zutaten an, die „die Essenz des Buches einfangen“, gleichzeitig aber auch sagt, dass man sie nicht alle braucht und sich viele Gerichte auch „ohne eine einzige dieser Zutaten realisieren“ lassen. Man fragt sich: „Warum dann diese Liste?“ und ist froh auf den Nachsatz, denn manche Zutaten sind nicht einfach zu bekommen, wie etwa Gohujang-Chilispaste oder Shaoxing, ein aus Reis vergorener Wein. Andere hingegen sollte ein gut sortiertes Gewürzregal hergeben, wie gemahlener Kardamom und wiederum andere sind leicht zu erhalten, wie Tamarindenpaste. Also – vielleicht ist einfach ein bisschen Improvisation und auch ein bisschen Erfahrung gefragt und dann schmeckt es auch ohne Shaoxing.
Prozesse – Partner – Produkte
Das sind die drei Kapitel dieses Buches, denen immer eine kurze Einleitung vorangestellt ist, bevor es zu den Rezepten geht. In „Prozesse“ erläutert Ottolenghi, dass die Zubereitungsart den ersten Einfluss auf das Gemüse hat. Rösten, Bräunen, Ziehen lassen, Reifung werden hier erklärt und mit zahlreichen Rezepten praktisch verdeutlicht. Im Kapitel „Partner“ wird klar, dass Gemüse nicht automatisch vegetarisch oder vegan bedeutet, denn der Partner „Fett“ kann auch schon einmal tierischer Art sein. Aber, es werden auch stets mögliche Alternativen genannt, sodass auch Veganer die Gerichte kochen können. „Süße“, „Säure“ und „Chilischärfe“ sind die anderen Partner, die ein und dasselbe Gemüse unterschiedlich im Geschmack machen können. In „Produkte“ zeigt der Autor, dass es Zutaten gibt, die ganz alleine den Geschmack eins Gemüses beeinflussen, wie Zwiebeln, Zucker, Pilze, Nüsse oder auch Früchte.
Für jedes Rezept wird eine übersichtliche und dennoch ausführliche Zutatenliste aufgeführt, die auf die angegebene Personenzahl und Portionsgröße ausgerichtet ist. Die Anleitung ist in die einzelnen Kochschritte unterteilt und immer gut nachzuvollziehen.Mindestens ein Foto ergänzt das Rezept und gibt gleichzeitig beim Durchblättern den ersten Hinweis auf das Gericht - und das so gut, dass man gar nicht weiß, was man zuerst kochen soll. Damit man es etwas einfacher mit der Entscheidung hat, sind im Anhang Menüvorschläge, die von Alltagsküche bis verschiedene Festessen reichen angegeben.
Dann haben wir gekocht
Aus „Prozesse“ haben wir „Kartoffelgratin mit Kokos und Limette“ (Bräunen), „Ofenpommes mit Curryblatt-Mayonnaise“ (Ziehen lassen) und „Bucatini Cacio e Pepe mit Za‘atar“ (Reifung) gekocht. Für das Kartoffelgratin benötigt man ein wenig mehr Zeit in der Küche, aber die Pommes und auch die Pasta, für die wir übrigens Tagliatelle genommen haben, sind relativ schnell zubereitet. Aus „Partner“ gab es „Kokos-Omelett mit Kurkuma“ (Süße), das mit dem Gapefruitdip und dem Salat eine Geschmacksexplosion im Mund ergibt! Die „Auberginenklösschen alla Parmigiana“ (Fett) trumpfen dagegen mit dem Geschmack von Riccotta, Parmesan und Kalamata-Oliven. Auch für dieses Gericht muss man unbedingt mehr Zeit einplanen, denn sowohl die Auberginen als auch Semmelbrösel müssen erst im Backofen geröstet werden und die Herstellung der Tomatensoße braucht auch ihre Zeit. Genauso ist es mit der „Scharfe(n) Pilzlasagne“ (Pilze) aus „Produkte“, die zwar hervorragend schmeckt, aber nichts für die schnelle Küche am Feierabend ist.
Gute Rezepte aber irritierender Titel
Als ich den Untertitel „mehr Gemüse, mehr Geschmack“ las, bin ich von einem reinen Gemüse-Kochbuch ausgegangen. Doch, das war falsch, denn Ottolenghi legt in „Flavour“ wirklich das Hauptaugenmerk auf den Geschmack und, wie dieser erzeugt wird. So kommen eben auch schon einmal Rezepte völlig ohne Gemüse aus, was sich vor allem bei den Desserts bemerkbar macht. Vielleicht wäre hier ein anderer Untertitel angebrachter gewesen, denn „Frische Beeren mit Schafsmilch-Labneh und Orangenöl“ oder „Kochbananen mit Kokos-Apfel-Ingwer-Salat“ haben nichts mit Gemüse zu tun.
Fazit
Ottolenghi macht einmal mehr Lust auf‘s Kochen! „Flavour“ bietet wirklich für jeden Geschmack das richtige Rezept, wobei nicht immer (aber meistens) Gemüse im Spiel ist. Etwas Erfahrung und die Bereitschaft Zeit für die Zubereitung zu investieren sollten da sein, aber dann bietet das Kochbuch eine Vielzahl an interessanten Gerichten, deren hervorragende Abbildungen die Auswahl nicht gerade erleichtern, aber schon den wunderbaren Geschmack erahnen lassen.
Yotam Ottolenghi, Ixta Belfrage, Dorling Kindersley
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