Echt norddeutsch!
- Christian
- Erschienen: September 2022
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Deftiges mit Fleisch und Fisch
„Echt norddeutsch!“ liegt mittlerweile in der 3. Auflage vor – was schon einiges über das Buch aussagt. Bereits 2015 ließ uns Birte Münster-Peters in die norddeutschen Töpfe und Pfannen gucken und wünschte „guten Appetit und viel Spaß beim Stöbern und Nachkochen!“.
Eine echte Friesin kocht
Birte Münster-Peters ist stolze Friesin durch und durch. Zusammen mit ihrer Familie lebt sie in Wyk auf Föhr, wo sie eine Metzgerei betreibt, die schon seit Generationen im Familienbesitz ist. Sie gibt zu, dass es nicht einfach war, die traditionellen Rezepte aufzuschreiben. Diese wurden immer nur mündlich und durch nachkochen übermittelt, selten mit genauen Mengenangaben oder Garzeiten. Doch sie hat 80 Gerichte herausgesucht, die typisch für Norddeutschland sind und gleichzeitig in ihrer Familie auf den Tisch kamen. Es lag ihr aber ganz offensichtlich auch am Herzen, der Leserschaft das Leben auf Föhr mit seinen Traditionen ein wenig näher zu bringen. In kurzen Artikeln, etwa zu der Konfirmation in friesischer Tracht und dem dazugehörigen Festmahl, dem Bikefeuer, nach dem man mit geschwärztem Gesicht Grünkohl isst, oder auch Weihnachten, mit all seinen Leckereien, entführt sie uns auf die idyllische Nordfriesische Insel.
Wunderbare Fotos bereichern den Text
Fotografin Cettina Vicenzino versteht ihr Handwerk! Gekonnt weiß sie nicht nur die Gerichte ins rechte Licht zu rücken, sondern gleich die ganze Insel mit der typisch norddeutschen Atmosphäre. Weiß und blau sind die Farben der Küste und sie findet man immer wieder im Buch – sei es bei der Schürze der Autorin, dem Geschirr auf dem Tisch oder den Kacheln an der Wand. Daraus sticht das Gelb der Gummistiefel oder der Schürze des Fischers.
Die Gemütlichkeit echter friesischer Reetdachhäuser wird in vielen kleinen und großen Fotos gezeigt. Man wähnt sich in der Landschaft mit ihren Salzwiesen, auf den Deichen mit ihren Schafen und im Schiff von Kapitän Kreetz, auf dem so manches Foto der Fischgerichte geschossen wurde. In allen Bildern ist die Familie ein wichtiges Thema, denn auf einer Insel und vor allem in einem Familienbetrieb ist Zusammenhalt gefragt. So lernen wir neben Birte auch ihren Mann, ihre Kinder, Eltern und einen ganzen Schwarm an Verwandtschaft kennen, die alle zu dem Gelingen der Rezepte und des Buches beigetragen haben.
Nichts für Kalorienzähler
Norddeutsche Küche ist deftig und herzhaft. Die schwere körperliche Arbeit auf den Inseln und an der Küste verlangte nach kalorienreicher Kost. Naturgemäß gehören Fischgerichte dazu, aber auch Lamm, Rind und Schwein kommen auf den Tisch. Meist wird mit Sahne oder Rahm gekocht und selbst das Gemüse wird meistens „gestovt“, also mit einer Mehl-Butterschwitze oder Béchamelsoße versehen. Für Kalorienzähler ist das zwar nichts, aber für „Schokoladensuppe mit Sahnehaube“ oder „Gestovte Kartoffeln“ mit Rouladen kann man ja mal eine Ausnahme machen.
An alles wurde gedacht
Die Autorin deckt mit ihren Rezepten alle Mahlzeiten des Tages ab. Mit Suppen, herzhaften Fleisch- Fisch- und Meeresfrüchte-Rezepten und den köstlichen Desserts und süßen Gerichten lässt sich eine Hauptmahlzeit bestens bestreiten. Für den Hunger zwischendurch wird dann auch noch so einiges geboten und die Kaffeetafel kann mit diversen Kuchen, Torten und Kaffeeköstlichkeiten bestückt werden.
Meist sind nur wenige Zutaten nötig, die alle in einem ansprechenden Layout gelistet werden. Ein Fließtext erläutert ihre Verarbeitung zu den friesischen Gerichten. Leider dürften die Fischrezepte nur in Küstennähe die gewollte Frische und Regionalität haben. Wenn man in Süddeutschland lebt, sind frische Nordseekrabben nicht zu erhalten und Meeräschen und Aal wohl auch nicht. So fallen viele der Gerichte aus dem Kapitel „Fisch & Meeresfrüchte“ schon einmal aus oder warten auf den nächsten Nordseeurlaub in einer Ferienwohnung.
Wir haben uns daher an den „Lauch-Karotteneintopf“, den „Bauerntopf“, das „Bauernfrühstück“ und den „Apfelkuchen“ gewagt. Es hat alles köstlich geschmeckt, jedoch haben wir die angegeben 5 (!) Becher Crème frâiche mit Kräutern für den Eintopf auf zwei reduziert, was uns vollauf genügt hat. Die Portionen sind gigantisch bemessen und dürften jeden pappsatt machen. Ein kleiner Minuspunkt sind die fehlenden Angaben zu Größe der Backformen und ob lieber Umluft oder Unter- und Oberhitze verwendet werden soll. Hier ist ein wenig Erfahrung gefragt, denn sonst hätte der Teig und auch die Füllung des Apfelkuchens bei Weitem nicht für unsere 28er Form gereicht. Ansonsten sind die Rezepte aber durchaus auch für Anfänger zu bewältigen, die dann u.a. „Labskaus“, „Buttermilchsuppe mit Klößen“, „Strammen Max“, „Lammcurry“ und „Käsesahnetorte“ mit einem „Pharisäer“ oder „Manhattan“ genießen können.
Fazit
Lassen Sie sich mit kulinarischen Köstlichkeiten und wunderbaren Fotos nach Föhr entführen. Mit 80 Familienrezepten bringt Birte Münster-Peters deftige Kost auf den Tisch, die für jeden etwas bietet und alle satt machen dürfte. Lediglich Gerichte mit Fisch und Meeresfrüchten dürften nur in Küstennähe frisch zuzubereiten sein, aber es gibt ja mit genügend Fleisch-Rezepte und leckere Dessert- und Kuchen-Alternativen, die garantiert auch im Rest der Republik gelingen dürften.
Birte Peters, Christian
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