Eine sehr persönliche Ode an die Küche Bangkoks
„Bangkok“ von Leela Punyaratabandhu ist das persönlichste Kochbuch, das ich kenne. Immer wieder erzählt die Autorin zwischen oder zu den Rezepten kleine Episoden aus ihrer Familiengeschichte oder aus ihrem Leben in Bangkok. Stimmungsvolle Fotos runden das Ganze ab, wobei leider nicht jedes Gericht mit einem Bild versehen wurde. Für die Lektüre dieses Kochbuches sollte man sich also Zeit lassen – genau, wie für das Kochen! Manchmal muss ein Teig 48 Stunden kühl stehen, um dann auf Zimmertemperatur weiter verarbeitet zu werden, manchmal muss man erst Zutaten, wie Tamarindenpaste oder Kalksteinlösung, herstellen und nicht selten braucht das Kochen einfach Zeit. Diese Gerichte sind keine schnell hergestellten Mahlzeiten nach Büroschluss! Dabei reicht die Spannbreite der Leckereien von Basisrezepten über Grundgerichten, Menüs und Einzelgerichten bis zu Süßem.
Currys und Spieße als Hauptmahlzeiten
Wir haben uns als Hauptgerichte für „Gegrillte Schweinespieße“, „Curryhuhn mit grünen Bananen“ und „Runde Reisnudeln mit Rinderragout und Garnelenpastensauce“ entschieden. Die Schweinespieße werden mariniert und müssen dann 12 Stunden ziehen. Wir haben tatsächlich den Grill noch einmal angeschmissen, um sie möglichst authentisch zuzubereiten – und es hat sich gelohnt! Mit einem scharfen Dip kamen sie doch schon sehr an die Snacks heran, wie wir sie aus den Garküchen Bangkoks kennen.
Das „Curryhuhn mit grünen Bananen“ wurde von mir etwas modifiziert. Eigentlich sollte man die Bananen mit der Schale kochen, aber da ich auch der Schale von Bio-Bananen nicht so recht traue, habe ich sie kurzerhand gepellt und erst kurz vor dem Servieren in dem Curry erhitzt. Das Curry hat dann schön fruchtig, aber auch extrem süß geschmeckt. Und obwohl ich schon weniger rote Currypaste genommen habe als angegeben und dazu noch ganz auf die ergänzenden Chilischoten verzichtet habe, war es höllisch scharf!
Eine völlig andere Geschmacksvariante offenbarten die „Runden Reisnudeln mit Rinderragout und Garnelenpastensauce“. Obwohl sie auch scharf waren, dominierte doch die Sojasoße zusammen mit Sternanis und Zimt. Doch für dieses Gericht sollte man Zeit einplanen, denn es muss etwa drei Stunden schmoren! Da ich keinen eingelegten Braunen Senf (das Kraut, nicht Senfpaste) auftreiben konnte, habe ich kurzerhand Pak Choi genommen. Für einen Thai wahrscheinlich ein nicht zu verzeihender Fauxpas, aber geschmeckt hat es trotzdem.
Und etwas Süßes zum Dessert
Nachdem ich vor ein paar Jahren eine kiloschwere Eisengusspfanne aus Bangkok mitgeschleppt habe, musste ich natürlich jetzt das Rezept der Autorin für „Kokos-Milchreis-Küchlein“ ausprobieren, denn dafür braucht man genau diese Pfanne mit den halbkugelförmigen Vertiefungen. Wie immer habe ich die Frühlingszwiebeln als Garnitur für die süßen Küchlein weggelassen, und wie immer waren sie lecker und ganz schnell aufgegessen.
Die „Roti“ werden aus einem Teig bestehend aus Mehl, Öl und Wasser hergestellt, der erst 48 Stunden kühl stehen muss und dann wieder auf Zimmertemperatur gebracht weiterverarbeitet wird, damit er sich gut ziehen lassen kann. Das mit dem Ziehen hat bei uns nicht so gut geklappt, weshalb unsere Rotis nicht wie die Abbildung im Buch aussahen, sondern eher sehr verunglückt. Aber mit einer gehörigen Portion süßer Kondensmilch und Zucker (oh, ihr Kalorien!) haben sie ausgebacken doch sehr authentisch geschmeckt.
Fazit:
„Bangkok“ wurde mit dem „Art of Eating Price“ als „Bestes Kochbuch des Jahres 2018“ ausgezeichnet. Obwohl es ein sehr schönes Kochbuch ist, hätte ich diesen Preis nicht vergeben. Die Gerichte sind mit Sicherheit typisch für Bangkok und für die Familie der Autorin, aber sie sind nicht unbedingt kompatibel für eine deutsche Durchschnittsfamilie. Zuerst einmal braucht man unbedingt einen wirklich gut sortierten Asialaden, sonst muss man zu viel improvisieren und bekommt die gewünschten Aromen garantiert nicht hin. Und selbst der beste europäische Asialaden hat möglicherweise nicht alle benötigten Zutaten, sind sie doch manchmal sehr exotisch. Dann muss einfach genug Zeit da sein, um die sehr schmackhaften, aber eben auch sehr zeitintensiven Mahlzeiten zu kochen – und wer hat die schon? Wenn man aber bereit ist, auch mal ein Wochenende für „Reispapierpäckchen mit Chili-Limettensauce“ oder „Glasnudeln mit Garnelen im Eiermantel“ zu opfern, wird es wahrscheinlich nicht bereuen. Aber Vorsicht – die Angaben für die Menge an Chilis ist für thailändische Gaumen gedacht! Wenn Ihnen nicht der Schweiß ausbrechen soll, nehmen Sie lieber etwas weniger und würzen Sie gegebenenfalls nach.
Leela Punyaratabandhu, Südwest
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