The Restaurant
(Staffel 1-3)

Film-Kritik von Carola Krauße-Reim (03.2021)

Ein Restaurant, eine Familie und ihre Geschichte

Familie Löwander besitzt in Stockholm ein Restaurant der gehobenen Klasse – den Djurgarden Keller. Die Handlung setzt am 8. Mai 1945 ein, als Jungkoch Calle im Djurgarden Keller seine neue Stelle antritt. Gustaf Löwander hat das Restaurant erfolgreich über die Kriegsjahre gerettet, doch jetzt steht es finanziell am Abgrund – neue Einnahmequellen müssen her aber die sind nicht legal. Mutter Helga freut sich auf die Heimkehr ihres jüngeren Sohnes Peter, doch der will nicht im Restaurant arbeiten, sondern lieber Jura studieren. Tochter Nina ist ein verzogenes Upper-Class-Girl, das den Festsaal des Restaurants managt und vor allem Calle im Kopf hat. Der Zuschauer begleitet Familie Löwander und ihre Angestellten durch mehrere Jahrzehnte bis Anfang der 1970er Jahre. Mit ihnen erleben wir nicht nur ihre privaten und geschäftlichen Hochs und Tiefs, sondern auch die Geschichte Schwedens während dieser Zeit.

Löwanders sind in guter Gesellschaft

Nach Serien über das Hotel Sacher in Wien, das Kaufhaus Selfridges in London und natürlich über die Familie Crowley in Dowton Abbey ist jetzt Familie Löwander und ihr Djurgarden Keller in Stockholm dran. Genau, wie in den anderen Verfilmungen gibt es auch hier ein Upstairs und Downstairs – die Besitzerfamilie und ihre Angestellten. Wie üblich gibt es unterschiedliche Charaktere, die für reichlich Reibereien und Konflikte sorgen. Nach der ultimativen Familiensaga „Downton Abbey“ müssen sich alle nachfolgenden Filme dieses Genres zwangsläufig mit ihr messen lassen. Und da kommt „The Restaurant“ leider nicht ganz so gut weg.

Hölzerne Darstellungen in unausgereifter Geschichte

Mehr als einmal habe ich mich gefragt, ob sich die vier Drehbuchautoren mit den gesellschaftlichen Zwängen der damaligen Zeit auseinandergesetzt haben. Nina landet gleich am ersten Abend mit Calle im Bett, oder besser in den Tafeltüchern. Mutter Helga, die immerhin in der oberen Society verkehrt, bekommt, anders als erwartet, keinen Schock, sondern mahnt nur zur Vorsicht – 1945! Und so geht es weiter mit „wilden Ehen“, sehr verständnisvollen Ehefrauen und anderen Unglaubwürdigkeiten.

Die Geschichte wirkt insgesamt konstruiert und unausgereift. Die Probleme der Familie sind authentisch, aber machen manchmal einen allzu sehr pointierten Eindruck. Während sich in Staffel 1 alles um die Rettung des Restaurants dreht, geht es in Staffel 2 mehr um die familiären Probleme. Staffel 3 ist ein Mix aus beiden und mit Abstand die schwächste. Hier werden zwar viele Fässer geöffnet, aber kein Thema wird befriedigend abgehandelt. Überhaupt gibt es zwischen den Staffeln inhaltliche Sprünge, die es mehr wert gewesen wären erzählt zu werden, als so manches in den Staffeln Breitgetretene. Dadurch leidet die Geschichte, genauso, wie durch inhaltliche Merkwürdigkeiten, wie auf einmal wieder arbeitende Rentner; Köche, die hin und her wechseln; erst ansatzweise wichtige Personen, die dann nie wieder auftauchen oder Politikerinnen, die jahrelang ohne Anstellung keine Geldprobleme haben. Das sprunghafte Drehbuch hätten gute Darstellungen vielleicht noch retten können. Doch die vier Regisseure engen die Schauspieler ein, die (so hoffe ich) bestimmt mehr draufhaben, als die hier gezeigten Klischees. Kurz: Den Charakteren fehlt es an Tiefe, Vielschichtigkeit und in langen Passagen auch an Glaubwürdigkeit.

Hier kommt das fast schon als Persönlichkeit zu wertende Restaurant noch am besten weg. Es beherrscht die ganze Familie Löwander. Mutter Helga (Suzanne Reuter) ist eine Matriarchin der alten Schule, die mit allem einverstanden ist, solange es ihr eigener Wille ist. Tochter Nina (Hedda Stiernstedt) ist verwöhnt und eigensinnig, muss aber auch lernen, dass nicht immer alles nach ihrem Kopf geht. Gustaf (Mattias Nordkvist) ist der schwächste Part, der sich gerne als Opfer sieht und immer zu scheitern scheint. Peter (Adam Lundgren) ist ein Karrierist, der über Leichen geht und seine große Liebe nicht halten kann. Calle gibt den ehrlichen und uneigennützigen Koch, der nur köstliche Tournedos zubereiten will und ansonsten klein beigibt. Überhaupt – Tournedos: neben „Küchenmeister“ das in Staffel 1 in gefühlter Endlosschleife gebrauchte Wort. Am interessantesten ist noch der berufliche und gesellschaftliche Aufstieg von Serviererin Maggan (Josefin Neldén) zu beobachten, die immerhin eine Entwicklung durchgemacht hat, die man sich im Schweden nach 1945 mit den getätigten sozialen Reformen durchaus vorstellen kann.

Die Entwicklung Schwedens läuft im Hintergrund ab

Schweden hat nach dem zweiten Weltkrieg eine enorme Entwicklung zum Wohlfahrtsstaat gemacht. Eine Verfassungsreform wurde erarbeitet und durch mehrere Grundgesetze verwirklicht. Diese Veränderungen werden im Hintergrund der Familiengeschichte behandelt. Verschiedene Regierungschefs dinieren im Restaurant; Maggan macht Karriere; die Gewerkschaften gewinnen an Macht; die Angst vor dem Sozialismus ist zu spüren und die 68er gehen auch nicht spurlos an Familie Löwander vorbei. Die en-passant Schilderungen der staatlichen und gesellschaftlichen Veränderungen mildern die etwas unglücklichen Darstellung der Familiengeschichte ab. Wenn dann auch noch der Kronprinz im „DK“ sein Zigarettchen raucht, ist man schon fast wieder versöhnt mit der Serie. Apropos:  Zigaretten werden im Verlauf in unfassbaren Mengen gequalmt. Keine Szene ohne mindestens einen Glimmstängel! Das passt zur dargestellten Zeit, aber hätte im Ausmaß durchaus ein wenig reduziert werden können. Immerhin ist der Film ab 12 Jahren frei gegeben und da sollten Zigaretten nicht den Stellenwert von Nahrungsmitteln haben.

Fazit:

„The Restaurant“ ist die schwedische Art, eine Familiengeschichte über mehrere Jahrzehnte zu erzählen. Leider nehmen Drehbuch und Regie den Schauspielern den nötigen Freiraum. Das Ergebnis ist eine durchschnittliche Serie, die manchmal an Logik krankt, aber den Zeitgeist immer gut einfängt und den Zuschauer streckenweise gut unterhält.  

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Fotos: © Polyband

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